Bund für Gotterkenntnis im Blick behalten

Die GRÜNEN aus dem Kreisverband Schwäbisch Hall und der Innenpolitiker Marcel Emmerich fordern: Nach dem Verbot der Artgemeinschaft sollten Sicherheitsbehörden den „Bund für Gotterkenntnis“ im Blick behalten.

Gemeinsame Pressemitteilung von Marcel Emmerich MdB und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schwäbisch Hall

Im April hat der Grünen-Innenpolitiker Marcel Emmerich Crailsheim besucht, über Rechtsextremismus referiert und sich vor Ort gemeinsam mit Vertreter*innen der hiesigen Grünen auch mit dem „Kirchberger Bündnis“ getroffen. Der Bundestagsabgeordnete und die Vertreter*innen des Bündnisses sprachen über das Jugendheim Hohenlohe in Kirchberg/Jagst-Herboldshausen, das der „Bund für Gotterkenntnis“ betreibt. Der Bund für Gotterkenntnis ist die größte pseudoreligiöse Vereinigung der extremen Rechten. In Anbetracht dessen, dass im vergangenen Jahr eine weitere „Glaubensgemeinschaft“ aus dem rechtsextremen Spektrum, die „Artgemeinschaft“, durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat verboten worden ist, wandte sich der Abgeordnete mit mehreren Fragen zum „Bund für Gotterkenntnis“ an das Ministerium und fragte dabei unter anderem nach Überschneidungen und Unterschieden zwischen den Gruppen sowie nach möglichen verfassungsgefährdenden Absichten, Aktivitäten und Straftaten der Gruppe. Die Antworten des Ministeriums liegen nun vor.

Emmerich, der Obmann der Grünen im Innenausschuss des deutschen Bundestags ist, sagt dazu: „Das Verbot der ‚Artgemeinschaft‘ durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) im vergangenen Jahr war ein wichtiger Schritt im Kampf gegen den Rechtsextremismus in der Verpackung einer pseudoreligiösen Gemeinschaft. Die Antworten aus dem BMI zeigen, dass wir auch den ‚Bund für Gotterkenntnis‘ und seine Anhänger*innen sehr ernst nehmen müssen: Die antisemitischen, geschichtsrevisionistischen und antiparlamentarischen Überzeugungen sowie die ablehnende Haltung zu Menschenrechten zeigen das Gefahrenpotenzial der Gruppe. Wir brauchen hier den wachen und aufmerksamen Blick der Sicherheitsbehörden, der auch die Überschneidungen zu anderen Gruppen mit ähnlicher Ausrichtung in den Fokus nimmt.“

„Wir dürfen es nicht hinnehmen, dass sich bei uns vor Ort ein antidemokratisches, antisemitisches und rechtsextremes Zentrum verankert“, betont Sebastian Karg, Mitglied des Grünen-Kreisverbands Schwäbisch Hall, und lobt das zivilgesellschaftliche Engagement der Kirchberger*innen: „Das vielfältige und weltoffene Kirchberger Bündnis leistet mit seinen Positionierungen und Veranstaltungen wichtige Arbeit für die Demokratie.“

Das „Kirchberger Bündnis“ wird von rund 30 Kirchberger Vereinen, Gruppen und Institutionen sowie von mehr als 300 Bürger*innen getragen.

Fragen an das BMI:

Inwiefern wird der “Bund für Gotterkenntnis” als bundesweite Vereinigung durch den Verfassungsschutz beobachtet und eingeschätzt?

Antwort: Der „Bund für Gotterkenntnis“ (BfG) erfüllt die Voraussetzungen der Beobachtung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 4 BVerfSchG und ist ein Beobachtungsobjekt des BfV. Der BfG spricht sich für eine strikte Trennung der „Rassen“ aus, Akteure äußern sich antisemitisch, geschichtsrevisionistisch und antiparlamentarisch und negieren die Gültigkeit der Menschenrechte.

Welche Erkenntnisse liegen dem Bundesministerium des Innern und für Heimat über die Aktivitäten und mögliche verfassungsgefährdende Absichten, Aktivitäten und Straftaten der Gruppe vor?

Antwort: Der BfG wurde im Jahr 1937 gegründet und versteht sich selbst als Weltanschauungsgemeinschaft, deren Aufgabe die Verbreitung der religionsphilosophischen Einsichten der Gotterkenntnis Mathilde Ludendorffs (1877-1966) in Wort und Schrift sowie ihrer Pflege in der Gemeinschaft ist. Grundlage der „Deutschen Gotterkenntnis“ ist eine antisemitische Rassenlehre, nach der es „Edelrassen“ (u.a. die nordische „Rasse“) und „Niederrassen“ (u.a. die jüdische „Rasse“) gebe. Die „Edelrassen“ stünden der Gotterkenntnis näher. Da jede „Rasse“ ihren „Rassecharakter“ vererbe und die „Niederrassen“ eine „Rassemischung“ forcierten, sei die Erhaltung der Reinheit der „Rasse“ zwingend notwendig. Aus dieser Philosophie ergibt sich die grundsätzliche Ablehnung von Zuwanderung, die zu einer multikulturellen Gesellschaft führe. Als Ursache der Zuwanderung wird eine jüdische Verschwörung mit dem Ziel der Erlangung der Weltherrschaft behauptet. Ein weiteres maßgebliches Ideologieelement ist der Geschichtsrevisionismus, allen voran die Verharmlosung bzw. Bestreitung der deutschen Kriegsschuld am Zweiten Weltkrieg. Das Gedankengut des BfG wird maßgeblich seit dem Jahre 1961 in der monatlich im Verlag Hohe Warte GmbH (VHW) erscheinenden Publikation „Mensch und Maß“ sowie über eine eigene Homepage verbreitet. Der BfG veranstaltet regelmäßig Tagungen und Mitgliederversammlungen, die keine Außenwirkung erzielen.

Sind dem BMI personelle und inhaltliche Überschneidungen des “Bunds für Gotterkenntnis” und der “Artgemeinschaft” bekannt?

Antwort: Der BfG verfügt über Verbindungen zu verschiedenen rechtsextremistischen Organisationen, darunter zur im September 2023 verbotenen „Artgemeinschaft“. Diese im gesamten Spektrum feststellbaren personellen und ideologischen Überschneidungen manifestieren sich grundsätzlich etwa durch wechselseitige Teilnahme an Veranstaltungen, Nutzung der gleichen Örtlichkeiten für Festivitäten etc. oder auch durch den Bezug der Publikationen der jeweiligen Organisation.

Ist dem BMI bekannt, ob sich das Verbot der „Artgemeinschaft“ auf den „Bund für Gotterkenntnis“ auswirkt, beispielsweise indem ehemalige Mitglieder nach der Auflösung beigetreten sind?

Antwort: Hierzu liegen der Bundesregierung derzeit keine belastbaren Erkenntnisse vor. Auf Grund der in der folgenden Frage ausgeführten Unterschiede der Ausrichtung beider Organisationen ist – wenn überhaupt – mit einer eher marginalen Anzahl von Übertritten zu rechnen.

Wo sieht das BMI ggf. Unterschiede zwischen dem verbotenen Verein “Artgemeinschaft” und dem “Bund für Gotterkenntnis”?

Antwort: Die 1951 gegründete „Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V.“ (AG-GGG) war eine deutsche neonazistische Vereinigung mit völkischer, rassistischer, antisemitischer sowie antichristlicher Ausprägung, die als wichtige Schnittstelle der deutschen Neonaziszene fungierte. Ihre Mitglieder sollten die „überwiegend nordisch-fälische Menschenart verkörpern“ und rekrutierten sich aus der gesamten neonazistisch geprägten Szene. Ihre Anhänger stammten aus dem rechtsextremistischen Parteienspektrum, militanten Kameradschaften und aus zwischenzeitlich verbotenen neonazistischen Organisationen. Nach eigener Aussage wollte die AG-GGG als Glaubensbund der Bewahrung, Erneuerung und Weiterentwicklung der Kultur der „nordeuropäischen Menschenart“ dienen und an die Wertvorstellungen der heidnischen Vorfahren anknüpfen. Der BfG dagegen versteht sich selbst als elitäre und nach innen ausgerichtete Weltanschauungsgemeinschaft, deren Aufgabe die Verbreitung der religionsphilosophischen Einsichten der Gotterkenntnis Mathilde Ludendorffs in Wort und Schrift sowie ihrer Pflege in der Gemeinschaft ist.

Im Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg findet der „Bund für Gotterkenntnis“ auf Seite 64 Erwähnung.