Meine Gedanken zur GEAS-Reform 9. Juni 20236. September 2023 Die Einigung der Mehrheit der EU-Staaten zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem ist kein Erfolg. Mit ihr geht der unhaltbare Zustand an den Außengrenzen weiter und sie wird für viele Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, eine massive Verschlechterung zur Folge haben. Dass Nancy Faeser dies nun als Erfolg abfeiert und schönredet, ist befremdlich. Faktisch gibt es unter dem Strich kaum Verbesserungen, sondern gegen den Rat von Expert*innen und der Zivilgesellschaft ein Weiter so der falschen Politik an den Außengrenzen, die täglich menschenunwürdige Situationen schafft. Als Grüne haben wir uns immer für eine europäische Reform eingesetzt, die mit Verstand und Menschlichkeit die unsägliche Situation an den Außengrenzen beendet, Sekundärmigration begrenzt und Lastenteilung in Europa hochhält. Schwierige Kompromisse mitzutragen, gehört zur Politik, aber sie müssen Verbesserungen zur Folge haben und in die richtige Richtung gehen. Doch diese Reform schafft weder Humanität noch Ordnung. Und sie hilft auch den belasteten Kommunen in der aktuellen Situation nicht. Dass wir es mit ein paar anderen Staaten im Alleingang schaffen würden, für mehr Solidarität und ein Ende der Menschenrechtsverletzungen zu sorgen, war angesichts des Kurses der Abschottungs- und Abschreckungspolitik in der Europäischen Asylpolitik der letzten Jahre ein schwieriges Unterfangen. Denn der Rechtsruck der letzten Jahre hat viel zerstört und Unmögliches in der Asylpolitik nun möglich gemacht, was so noch vor Jahren völlig inakzeptabel gewesen wäre. Rechte Regierungen halten sich nicht an Regeln und nicht an grundlegendste Menschenrechte. Ob sie sich an die neuen Vereinbarungen halten, ist mehr als fraglich. Dass sich mit dieser Einigung vieles zum Besseren wendet, Lager wie Moria und die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen an den Grenzen beendet werden, ich würde es gerne glauben. Aber wie viele andere kann ich es nicht. Die für uns zentralen und problematischsten Punkte wurden auf dem Rat der EU-Innenminister*innen nicht entschärft: Auch wenn es für Kinder, die ohne Eltern fliehen müssen, Ausnahmen geben wird, künftig werden viele Kinder, ihre Eltern und vulnerable Gruppen in haftähnlichen Lagern in Grenzverfahren festgehalten. Zusätzlich sind die Grenzverfahren keine normalen Asylverfahren, denn dort gelten nur sehr geringe Verfahrensgarantien und der Zugang zu Rechtsbeistand ist begrenzt. Das schwächt das individuelle Recht auf Asyl massiv und wird auch drastische Konsequenzen für unser Asylrecht in Deutschland haben, die bisher noch nicht in Gänze abzusehen sind. Manche sagen, dass damit das individuelle Recht auf Asyl in der EU zu großen Teilen aufgegeben wird. Ob darüber hinaus der beschlossene Solidaritätsmechanismus wirklich funktioniert und eine Verteilung bringt, ist mehr als fraglich. Denn jeder Mitgliedsstaat wird in Zukunft für sich selbst entscheiden, ob er lieber Geflüchtete aufnimmt oder lieber Geld bezahlt. Ich halte die Zustimmung der Bundesregierung deshalb für falsch. Das war kein guter Tag für die Menschenrechte in Europa. Auch wenn die gestrige Entscheidung sehr bitter ist, werde ich weiter dafür einstehen, dass Menschenrechte geachtet, dass Geflüchtete geschützt werden und sich die Situation für Geflüchtete an den Außengrenzen verbessert.