Regieren in Krisenzeiten mit Omid Nouripour

„Regieren in Krisenzeiten“ – Omid Nouripour digital zu Besuch im Wahlkreis

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Ein kleines Stück Eintracht-Frankfurt-Logo war zwar bei Omid Nouripour im Hintergrund zu sehen. Aber um Fußball ging es, obwohl sich zwei Fans unterhielten, wirklich nur am Schluss und ganz am Rande. Zu wichtig, brutal und – wie es Omid Nouripour sagte – „uferlos“ ist die Situation, in der die Ampel derzeit regiert. Und darum ging es bei seinem digitalen Besuch in meinem Wahlkreis. Ursprünglich war eine Veranstaltung zum Thema „100 Tage Ampel“ mit unserem neuen Bundesvorsitzenden geplant – musste nun aber unter der Überschrift „Regieren in Krisenzeiten“ umgesetzt werden.

„Wir haben nicht nur eine Krise des Klimas, nicht nur eine Pandemie und Gesundheitskrise, sondern auch Krieg mitten in Europa“, fasste Nouripour zusammen, mit welchen Aufgaben die Regierungskoalition derzeit konfrontiert ist. Die Ampel sei nach 16 Jahren des Stillstands angetreten, um Deutschland zu modernisieren halte auch an diesem Ziel fest. Zeitgleich müsse seine Partei angesichts des russischen Angriffskriegs „Dinge tun, die wir nie tun wollten“. Angesichts der Bilder aus Butscha – und es sei „sehr, sehr absehbar“, dass noch mehr solcher Bilder folgen werden – stehe für ihn fest: „Es wird keinen Weg zurück zur Normalität geben mit dem Kreml. Denn „Straflosigkeit angesichts solcher Verbrechen führt zu weiteren Verbrechen.“ Wichtig sei die Feststellung, dass es für die Ukraine sowohl um Freiheit als auch um Selbstbestimmung gehe – den Wunsch nach einem EU-Beitritt müsse man sehr ernst nehmen.

Der Co-Parteichef, der als ehemaliger Vorsitzender der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe schon oft in der Ukraine war, sagte, die humanitäre Lage vor Ort werde sich drastisch verschlechtern, es drohe Hunger für bis zu 15 Millionen Menschen. „Unvorstellbar“ – auch angesichts dessen, dass die Hungersnot Holodomor in den 1930ern „ein manifester Teil des kollektiven Gedächtnisses“ der Ukraine sei. Es werde in jedem Fall weitere Sanktionen geben müssen. Gerade im Bereich der Energie sei das aber aus verschiedenen Gründen nicht so einfach, wie viele es sich vorstellten: Um zum Beispiel in entsprechenden Mengen Flüssiggas zu transportieren, müsste man Kesselwagen kaufen: „Es ist einfach gerade nicht möglich.“ Robert Habecks Reise nach Katar sei daher richtig – „auch wenn es mir wehtut und Robert auch wehtut“. Auch in Hinblick auf die Militärausgaben sei es nicht so, dass die Grünen ihre Grundwerte über Bord werfen, sagte Omid – nachdem ich ihn auf diese Debatte angesprochen hatte. Man müsse der Situation angepasst reagieren und die Verantwortung Deutschlands dabei berücksichtigen, sagte der Bundesvorsitzende – das bedeute aber nicht, dass die Grünen ihren Wertekompass verlieren. „Abrüstung bleibt richtig, Friedensarbeit bleibt richtig.“

Am Ende der Veranstaltung, die auf Zoom stattfand und via Facebook gestreamt wurde, gab Nouripour auch das Versprechen, „dass wir eine Friedenspartei sind und bleiben werden“. Die Teilnehmer*innen der Veranstaltung fragten Omid Nouripour und mich unter anderem nach dem Kräfteverhältnis in der Ampel und der Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine. Der Wahrnehmung, die FPD setze sich in der Ampel durch, widersprach Nouripour: „Der Tankrabatt ist nicht gekommen“ – und das Tempolimit sei immer noch Gegenstand von Verhandlungen. Die Grünen hätten in den ersten Monaten der Regierung viele Erfolge zu verbuchen, unter anderem im Entlastungspaket. Und die Minister*innen seiner Partei machten auch angesichts der riesigen Herausforderungen einen sehr guten Job. Anders vielleicht als die Spieler seines Lieblingsvereins am 18. August 2018 beim SSV Ulm 1846 – aber daran wollte er sich nicht so genau erinnern.